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Arbeitsgemeinschaft kommunaler Großkrankenhäuser warnt vor Versorgungsengpässen

Aktuelles
09.11.2018
AKG Vorstand Und Geschäftsstelle

2019 droht Einschränkung von notwendigen Intensivbetten durch neue Pflegepersonaluntergrenzen

· Kommunale Großkrankenhäuser warnen vor Versorgungsengpässen
· AKG fordert Verschiebung und Nachjustierung

Sollte die Pflegepersonaluntergrenzenverordnung wie geplant ab 1. Januar 2019 in Kraft treten, birgt dies erhebliche Gefahren für die Versorgung von schwerkranken Patientinnen und Patienten. Auf die bevorstehenden Risiken macht die Arbeitsgemeinschaft kommunaler Großkrankenhäuser (AKG) aufmerksam. Zu dem Verein gehören 21 Krankenhausunternehmen. Sie stehen für etwa 8 Prozent der stationären Versorgung in Deutschland. Sie bilden als Krankenhäuser der höchsten Versorgungsstufen, insbesondere in der Notfall- und Intensivmedizin, eine tragende Säule der deutschen Gesundheitsversorgung. Die vorgesehene verbindliche Festschreibung der Pflegepersonaluntergrenzen birgt die Gefahr, dass Krankenhäuser benötigte Versorgungskapazitäten vom Netz nehmen müssen, um die Mindestbesetzungsstärken in den verbleibenden Bereichen erreichen zu können. Dazu der Vorstandsvorsitzende der AKG, Dr. Matthias Bracht:
„Wir begrüßen alle Maßnahmen zur Verbesserung der Besetzungsstärken in der Pflege. Wer aber in der heutigen Mangelsituation an qualifizierten Intensivkräften, ohne angemessen Vorlauf, verbindliche Personalschlüssel festschreibt, die über den aktuellen Ist-Besetzungen liegen, nimmt zunehmende Versorgungsengpässe bei der Behandlung von schwerkranken Patienten in Kauf.“

Einschränkung von 10 bis 20 Prozent der Intensivkapazitäten droht Auf Basis einer internen Analyse der Daten aus 18 Mitgliedshäusern geht die AKG davon aus, dass viele Krankenhäuser in Deutschland Intensivbetten werden schließen müssen, um die Besetzungsstärke von examinierten Pflegekräften auf den gesetzeskonformen Stand erhöhen zu können. „Wir rechnen mit einer Einschränkung von 10 bis 20 Prozent der Intensivbetten“, verdeutlicht Helmut Schüttig, Geschäftsführer der AKG die Brisanz der Lage. Verschärfend dürfte sich außerdem die nicht realitätsnahe Fokussierung der Verordnung auf examinierte Pflegekräfte auswirken. In den zurückliegenden Jahren haben viele Krankenhäuser die Pflegekräfte durch andere Berufsgruppen auf Station unterstützenlassen. Zu dem Professionsmix gehören beispielsweise Stationsassistenten, die die Pflegenden von bürokratischen Aufgaben entlasten, medizinische Fachangestellte, die bei administrativen und bestimmten delegierbaren Leistungen unterstützen oder auch Speiseassistenten. Dieses Ergänzungspersonal wird in den aktuellen Plänen überhaupt nicht berücksichtigt. Konkret setzt die Verordnung für alle Intensivstationen denselben Betreuungsschlüssel fest: Eine Pflegekraft für 2,5 Patienten tagsüber und eine Pflegekraft für 3,5 Patienten in der Nacht. Es gibt aber, gerade in den größeren Kliniken, Intensivstationen mit einem Personalschlüssel, der spürbar höher liegt, und andere, die im Rahmen eines abgestuften Versorgungskonzeptes auch darunterliegen können. „In seiner jetzigen Form ist die Verordnung viel zu ungenau“, so Schüttig weiter. Intensivstation sei nicht gleich Intensivstation. In dem einen Bereich würden schwerstkranke beatmungspflichtige Patienten behandelt, in dem anderen Bereich würden beispielsweise Patienten behandelt, die nach einem operativen Eingriff lediglich für wenige Stunden überwacht werden müssen. Der notwendige Personaleinsatz unterscheidet sich entsprechend des individuellen Behandlungsbedarfes ganz erheblich – je nachdem, ob die Patienten bei Bewusstsein oder im Koma sind, orientiert oder desorientiert, mobil oder immobil.

Beabsichtigte Steigerung der Versorgungsqualität mehr als fraglich Die Versorgungswirklichkeit wird in der Verordnung nicht berücksichtigt, sondern der tages- und schichtgenaue Nachweis des Betreuungsschlüssels auf jeder einzelnen Station – völlig unabhängig vom tatsächlichen Versorgungsaufwand – festgeschrieben. Damit schwanken ab Januar die Intensivkapazitäten der Krankenhäuser mit den akuten Krankheitsverläufen der Pflegenden auf den Stationen. Wird in einer Schicht ein Beschäftigter mehr krank als durchschnittlich vorgesehen, müssen zwei bis drei Patienten verlegt werden. „Es ist zweifelhaft, ob sich auf diese Weise die Qualität und Sicherheit in der Patientenbehandlung verbessern lässt“, so der AKG Vorstandsvorsitzender Bracht.

Regelung verschärft den Fachkräftemangel Zudem suggeriert die Verordnung, dass die Krankenhäuser lediglich zusätzliche Stellen in der Pflege schaffen müssten, um die neuen Anforderungen zu erfüllen. AKG Geschäftsführer Schüttig: „Dies ist mitnichten so: Nach unserer Einschätzung gibt es die benötigten Fachkräfte schlichtweg nicht auf dem Arbeitsmarkt.“ Selbst durch eine weitere Intensivierung der bereits großen Anstrengungen der AKG-Häuser im Bereich der Ausbildung und in Weiterqualifikation ist es nicht möglich, zu einer kurzfristigen Entlastung zu kommen. Um eine Mitarbeiterin oder einen Mitarbeiter anrechnungsfähig für die Pflegepersonaluntergrenzenverordnung qualifizieren zu können, ist nicht nur eine dreijährige Krankenpflegeausbildung erforderlich, sondern zusätzlich eine zweijährige Fachweiterbildung in Intensivpflege.

Gegenfinanzierung entpuppt sich als Mogelpackung Neben den kritischen Auswirkungen auf die Versorgungssicherheit und die Versorgungsqualität spielt auch der Aspekt der Finanzierung eine wesentliche Rolle. Schließlich werden den Krankenhäusern durch den Wegfall des Pflegezuschlags zunächst rund 500 Mio. € Finanzmittel entzogen. Hiervon fließt nur ein Bruchteil über die Finanzierung neuer Pflegestellen zurück in die pflegerische Versorgung. Voraussetzung hierfür wäre jedoch, dass die neu geschaffenen Stellen auch mit qualifiziertem Pflegepersonal besetzt werden könnten. In der aktuellen Lage am Arbeitsmarkt ist dies jedoch nicht bis zum Beginn des Jahres 2019 realisierbar. De facto wird damit für 2019 die Finanzierung der Pflege in den Krankenhäusern nicht verbessert, sondern verschlechtert. Auch die politische Zusage, dass die Mehrbelastung durch die Tarifvereinbarungen, die bereits in 2018 anfallen, refinanziert werden sollen, ist bis heute nicht umgesetzt. Entsprechend laut und kritisch meldet sich der AKG Vorstandsvorsitzende Bracht warnend zu Wort: „Wer mehr Geld für die Pflege verspricht, das dann aber in der Realität nicht im Krankenhaus ankommt, verschärft die ohnehin schwierige Situation in der Pflege zusätzlich.“ Um nicht in eine kritische Versorgungssituation Anfang 2019 zu geraten, fordert die AKG deshalb, das Inkrafttreten der Pflegepersonaluntergrenzenverordnung zu verschieben und das Regelwerk noch einmal an die Realitäten in den deutschen Krankenhäusern und auf dem Arbeitsmarkt anzupassen. Hierfür steht die AKG mit Ihrer umfassenden Expertise aus den Arbeitskreisen der versammelten Großkrankenhäuser als konstruktiver Gesprächspartner und mutiger Partner im Sinne einer zukunftsfähigen Gestaltung der Versorgung bereit.

 

Foto: AKG-Jahrestagung in Dortmund:
Der Vorstand der Arbeitsgemeinschaft kommunaler Großkrankenhäuser (AKG), die neue Mannschaft der Geschäftsstelle und der Gastgeber.
(v.l.) Dipl.-Oec. Dirk Balster, Dr. Matthias Bracht, Jutta Dernedde, Dr. Eibo Krahmer, Nils Dehne (AKG Geschäftsstelle) Helmut Schüttig (AKG Geschäftsführer), Rudolf Mintrop (Klinikum Dortmund).

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