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Erkrankungen der Nebenschilddrüse

Die Behandlung von Nebenschilddrüsenerkrankungen sollte nur an einem ausgewiesenen Zentrum in Kooperation mit niedergelassenen Kollegen erfolgen. Dafür spricht, dass international anerkannt ist, dass eine besondere Erfahrung im Sinne einer Spezialisierung die Behandlungsergebnisse verbessert. Ausgewiesen spezialisiert ist eine Klinik dann, wenn eine bestimmte Mindestmenge an Behandlungen durchgeführt wird und folgende Strukturen eingerichtet sind:

Funktion

Nebenschilddrüsen (NSD) sind hormonproduzierende eigenständige Organe. Wie der Name schon sagt liegen sie in unmittelbarer Nachbarschaft zur Schilddrüse. Im Regelfall findet man beim Menschen 4 Nebenschilddrüsen, jeweils rechts wie links eine untere sowie eine obere. Selten sind weniger oder mehr als 4 NSD zu finden (<1%). Das von den NSD produzierte Hormon Parathormon intakt regelt zusammen mit Vitamin D und dem von in der Schilddrüse befindlichen C-Zellen produzierten Kalzitonin den Kalziumstoffwechsel.

Anatomie

Eine NSD ist etwa 1x3x5 mm groß. In ca. 80 % der Fälle findet man sie in typischer Lokalisation hinter der Schilddrüse, dieser eng anliegend. Der Chirurg kann sich an bestimmten Leitstrukturen wie dem Stimmbandnerven (Nervus recurrens) und der Schilddrüsenarterie (Arteria thyroidea inferior) orientieren. Sind die NSD nicht in diesen typischen Lokalisationen aufzufinden, so kann der erfahrene Chirurg dennoch erfolgreich operieren. Dazu bedarf es der Kenntnisse der Embryologie, die Nebenschilddrüsen sind in solchen Situationen entwicklungsgeschichtlich bedingt an anderer Stelle zu finden.

Nebenschilddrüsenerkrankungen

Die überwiegende Mehrzahl der Erkrankungen wird durch verschiedene Formen der Nebenschilddrüsenüberfunktion (Hyperparathyreoidismus) ausgemacht, man unterscheidet 3 Formen:

Primärer Hyperparathyreoidismus (pHPT): Meist produziert eine einzige NSD (Nebenschilddrüsenadenom, ca. 80%) autonom, das heißt außerhalb des Regelkreises zuviel Parathormon intakt. Im Gefolge kommt es zu einer Erhö- hung des Serumkalziums bis weit über die Norm. Diagnostiziert wird die Erkrankung meist über eine Bestimmung des Serumkalzium sowie im Anschluss durch eine Bestimmung des Parathormon intakt, insbesondere bei asymptomatischen Patienten. Die meisten Patienten haben aber eine Symptomatik, dies kann von einem Nierenstein über Symptome eines Bluthochdrucks bis hin zu Symptomen wie Depressionen, Abgeschlagenheit und Ähnlichem reichen. Selten finden sich mehrere Adenome oder eine sog. Mehrdrüsenerkrankung, vor allem im Rahmen erblicher Erkrankungen, die meist mit noch anderen endokrinen Erkrankungen vergesellschaftet sind.

Sekundären Hyperparathyreoidismus (sHPT): Diese Erkrankung findet sich überwiegend bei Patienten mit dialysepflichtiger Nierenfunktionsstörung (Niereninsuffizienz). Durch ein erniedrigtes Vitamin D, welches in der Niere in eine aktive Form überführt wird, kommt es zum Absinken des Serumkalziums und einer Aktivierung aller NSD. Hauptsymptome sind Knochen- und Gelenkschmerzen (renale Osteopathie) sowie unerträgliches Hautjucken. Man kann dem zwar bei Dialysepatienten medikamentös vorbeugen, trotzdem werden etwa 10% dieser Patienten operationspflichtig. Derzeit sind neue Medikamente in der Erprobung, die unter Umständen eine bessere Beeinflussung der Erkrankung, z. B. bis zum Zeitpunkt einer Nierentransplantation ermöglichen werden.

Tertiärer Hyperparathyreoidismus (tHPT): Ähnlich dem sHPT, Auftreten nach erfolgreicher Nierentransplantation, nach welcher es in aller Regel zu einer Rückbildung des sHPT kommt. Selten treten Unterfunktionen (Hypoparathyreoidismus) meist nach Halsoperationen oder nach Radiojodtherapie sowie bösartige Tumoren der NSD (1%) auf. Letztere können durch eine radikale Operation behandelt werden.

Moderne Diagnostik der Nebenschilddrüsenüberfunktion

Die Diagnose ist in aller Regel einfach zu stellen. Durch eine Blutuntersuchung werden ein erhöhtes Serumkalzium und ein erhöhtes Parathormon intakt gemessen. Beim sHPT sollte eine Diagnostik (Röntgen einer Hand in Weichstrahltechnik oder Knochenstanze) zur Festlegung der Ausprägung einer renalen Osteopathie (Entkalkung des Knochens) erfolgen.

Ausnahme primärer Hyperparathyreoidismus:

Die Einführung minimal-invasiver Verfahren beruht auf einer zunehmenden Genauigkeit von bildgebenden Verfahren zur Lokalisation einer erkrankten Nebenschilddrüse. Diese Methode ist natürlich nur sinnvoll, wenn nicht ohnehin alle NSD von der Erkrankung betroffen sind (s/tHPT). Im Klinikum Fulda sowie bei unseren Kooperationspartnern wird als Standard die Sonographie und die Sesta-MIBI Szintigraphie eingesetzt. Mit diesen Verfahren gelingt eine Lokalisation eines NSD-Adenoms in über 80%.

Moderne operative Therapie von Nebenschilddrüsenerkrankungen

Die Behandlung von Nebenschilddrüsenerkrankungen ist Aufgabe eines interdisziplinären Behandlungsteams und nichts für Einzelkämpfer! Deswegen werden im Klinikum Fulda Patienten mit einer Nebenschilddrüsenerkrankung interdisziplinär in Kooperation mit den zuweisenden Ärzten besprochen.

Was braucht man für die Operation?

  • Lupenbrille
  • Intraoperative Parathormonbestimmung
  • Intraoperative Schnellschnittdiagnostik (Pathologe)
  • Intraoperative Kryonkonservierung/Gewebebank
  • Intraoperativer Ultraschall
  • Intraoperatives Neuromonitoring
  • Minimal-invasive Videotechnik
  • Ultraschallmesser (blutsparende Operationstechnik)

Wie sind die Heilungschancen der Erkrankung?

Es werden in der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie ca. 35 NSD-Operationen jährlich durchgeführt. Die Heilungsrate ist nahezu 100%, die Rate an passageren Stimmbandnervenverletzungen beträgt 0,35% (bilden sich wieder komplett zurück), die Rate an permanenten Stimmbandnervenlähmung beträgt 0%.

Wie wird operiert?

Primärer Hyperparathyreoidismus
In ca. 80% handelt es sich um eine Vergrößerung einer NSD. Gelingt vor der Operation durch Sonographie und Sesta-MIBI-Szintigraphie eine Seitenlokalisation der ursächlich vergrößerten Nebenschilddrüse (Adenom), so ist eine minimal-invasive Operation möglich. Voraussetzung ist aber, dass eine sogenannte Quick-Parathormon-Bestimmung möglich ist. Das bedeutet, dass während der Operation vor und nach der Entnahme der erkrankten NSD Parathormon intakt bestimmt wird und so der Therapieerfolg nachgewiesen wird (diese Bedingungen gibt es nur in wenigen deutschen Kliniken). In der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie der Klinikum Fulda gAG wird unter den genannten Bedingungen eine minmal-invasiv-videoassistierte (MIVA) Operationstechnik durchgeführt. Die Operation erfolgt über einen nur 25 mm messenden Zugang am Hals, ein spezielles Instrumentarium sowie ein Ultraschallmesser ermöglichen trotz des begrenzten Zugangs eine sichere Operation. Ist eine Lokalisation vor der Operation nicht gelungen, so müssen herkömmlich alle Nebenschilddrüsen dargestellt werden, um sicher die erkrankte(n) Nebenschilddrüse(n) aufzufinden und zu entfernen.

Sekundärer/tertiärer Hyperparathyreoidismus
Es stehen grundsätzlich 3 Operationsmethoden zur Verfügung:

  • Entfernung von 3 ½ vergrößerten NSD mit ggf. Kryokonservierung
  • Entfernung aller NSD mit Thymektomie und Autotransplantation von NSD Gewebe z. B. in den Dialyseshunt-freien Unterarm mit Kryokonservierung
  • Entfernung aller Nebenschilddrüsen

Goldstandard weltweit ist derzeit die Entfernenung aller NSD (totale Parathyreoidektomie) mit Autotransplantation von NSD-Gewebe in den Shunt-freien Unterarm sowie Kryokonservierung von NSD-Gewebe für den Fall, dass bei NSD-Unterfunktion erneut körpereigenes NSD-Gewebe transplantiert werden kann. Zusätzlich werden die Thymuszungen entfernt, weil in diesem Bereich häufig versprengtes NSD Gewebe aufzufinden ist. Sollte es zu einem erneuten sHPT kommen, würde es sich ursächlich um eine Veränderung des transplantierten Gewebes handeln, man könnte dann in Lokalbetäubung überschüssiges Gewebe entfernen und dadurch die Überfunktion behandeln.

Die Operationstechnik der 3 ½ NSD Entfernung hätte im Falle eines Rückfalls der Erkrankung zur Folge, dass erneut in Vollnarkose am Hals operiert werden müsste, dies allerdings dann mit einem erhöhten Risiko vor allem einer Verletzung der Stimmbandnerven.

Was passiert nach der Operation?

In aller Regel erfolgt die Nachbehandlung nach einer kurzen Nachbeobachtung unmittelbar nach der Operation in einem Aufwachraum der Anästhesie auf einer Normalstation. 2-3 Tage nach der Operation kann in Abhängigkeit von der Ausprägung einer gegebenenfalls erforderlichen Kalziumgabe (überwiegend bei sHPT) eine ambulante Weiterbehandlung beim zuweisenden Arzt erfolgen. Für Dialysepflichtige Patienten bzw. für Nieren-Transplantierte Patienten besteht eine enge Kooperation mit unserer Dialyseabteilung, die ambulante Behandlung erfolgt dann in Absprache mit Ihrem Dialysezentrum.

Sollten Sie Fragen haben, so setzten Sie sich mit der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie in Verbindung, am geeignetesten erscheint uns das persönliche Gespräch, Telefon: (0661) 84-5611.

Bleiben Sie mit uns in Kontakt - Ihre Fragen und Anregungen sind uns wichtig!

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